…6:40 – der Wecker nervt, draufgehauen/ausgemacht.
6:41 – die gefühlten 577 Nachbarn im Haus haben sich ihre Edelstahl-Schuhe angezogen und gehen alle auf einmal selbstsicher aufstampfend durch das spärlich gedämpfte Treppenhaus ins Freie…
6:42 – mein linkes Auge stirbt den kleinen Tod und geht zu… jetzt bloss nicht wieder einschlafen!
6:43 – das rechte Auge folgt – oh himmlischer Schlaf, wie gerne lasse ich mich von Dir verführen!
6:44 – die anderen 1842 Nachbarn sind aufgestanden und haben ihre Blei-Hausschuhe angezogen und ihre Töchter verprügelt, damit diese möglichst laut schreien.
6:45 – Schlaf ist definitiv weiblich. Wunderschön, weich, sooo herrlich und sehr scheu gegenüber Kreissägen, Presslufthämmern, Bleischuhen und ADS-Blagen
6:46 – die verfickte Snooze-Funktion funktioniert auch noch.
6:46 – wegdrücken, nur noch einmal, wirklich!
6:47 – ich knutsche gerade innig mit DER Schlaf, als die städtische Müllabfuhr mir etwas Gutes tun und meine Umgebung romantischer gestalten will. Danke, Jungs, das geht aber auch ohne Geschrei…
6:48 – nur noch 5 Minuten, wirklich!
6:49 – doch nicht… eine halbe Million dieser bekackten Dieseltriebwerke starten gleichzeitig, um ihre geizigen, einheitlich angezogenen, denkenden, sparenden und sterbenden Pinguine an ihre Bank-Arbeitsplätze zu husten.
6:50 – ein exotischer und einsamer BMW-6-Zylinder startet und wiegt mich mit seinem seidigen Klang der Vergangenheit wieder in DIE Schlaf
6:55 – der dritte Snooze-Angriff ist generalstabsmässig geplant und wird scheinbar mit einer Schwadron Düsenjets der Kategorie „ohrenbetäubend“ geflogen. Ich bin wach.
6:56 – Shit! Am Fussende des Bettes lacht mich die gestern abend nicht mehr aufgehängte Wäsche an. Ja, lach‘ Du nur! Ich kann Dich auch verschimmeln lassen, da staunste, nä?
6:57 – Kaffee. Soll ich, oder soll ich nicht? Die Betätigung des Lichtschalters im Flur lässt die entsprechende Glühbirne lautstark ableben. Die fast vergessene Liebe zur EU-Glühbirnenverordnung erfüllt wohlig wärmend meinen Körper.
6:57 – Um in der Dunkelheit keinen Sachschaden anzurichten, mache ich das Licht im Arbeitszimmer an – ein schon längst tot sein müssender Hase glotzt mich blöd an und bedeutet mir, dass er über Nacht schon wieder den grossen 57-Liter-Wassertank leergesoffen hat und ausserdem Hunger hat (oder was will er mir durch das Nagen an Metallgitter sagen?)
6:58 – Toast ist alle. Das Kind hat dem Hasen das Futter weggemampft… Und ich habe vergessen, Kaffee zu kaufen.
6:59 – Ein Glas Leitungswasser und eine Zigarette, was will man mehr? Z.B. dass man gestern abend nicht vergessen hat, den Aschenbecher zu leeren – und vielleicht, dass man gar nicht raucht…
7:03 – Hoppla, Mensch muss Blase entleeren! Dass Klos aber auch immer so eng sein müssen! Ich schmeisse das „Feigenblatt“ runter und beschliesse es auf der Seite aufzuschlagen, wo die Fotografin der nackten Männer abgebildet ist.
7:05 – Jetzt aber schnell! War ja nur so eine Idee… denn natürlich ist die Zahnpasta leer und das Auspacken der neuen kostet wertvolle Sekunden. Zum Wegwerfen der Packung und der leeren Tube bleibt keine Zeit.
7:10 – Wo ist mein Hemd? Und wieso sind meine Schuhe dreckig? Ach so, es hat gestern geregnet – so, wie vorgestern, letzte Woche, letzten Monat, die letzten Jahre, eigentlich seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wird wohl bis 2012 so weitergehen…
7:14 – Beim schwungvollen Öffnen der Eingangstür fällt der daran befestigte liebliche Engel herunter. Naja. Als die Treppenhaustür hinter mir zufällt – nicht vorher! – fällt mir ein, dass ich mein Handy vergessen habe. Ich mag Schlüsselkramen und Schlossbetätigen!
7:16 – Fuck, wo liegt dieser beschissene Mobil-Backstein? Ich rufe ihn vom Festnetz aus an, es klingelt unter dem Kopfkissen…
7:18 – Wo ist mein Auto? Es stand doch vor der Tür? Ach, nee, es steht 2 Strassen weiter, war ja nichts frei vor der Tür…
7:24 – Rechts vor Links, Du Vollhorst! Ich denke an Otto, schreie „Aaaarschlooooch!“ und ärgere mich, dass er mir nicht reingefahren ist und mich reich gemacht hat. Wegen diesem Hornochsen verpasse ich die Grünphase um Millisekunden – 7 Minuten warten.
7:33 – Bei der Ex den Sohn abholen und zur Schule bringen. In der Strasse ist die Armee der fremdgesteuerten Pinguine zwar partiell schon aufgebrochen, aber sie haben, um auf keinen Fall infiltriert zu werden alle Parkplätze mit ihren Zweit- und Drittwagen belegt.
7:35 – Wagen steht vor einer Einfahrt, egal jetzt! Ich betrete die Wohnung, der Kater begrüsst mich mit einem ordentlichen Morgenschiss. Ich rechne im Kopf nach, was die operative Entfernung meiner Nase so kosten würde…
7:36 – ich schlafe kurz im Stehen ein. Nur kurz, wirklich!
7:45 – Kind, wir müssen los, wirklich! „Ich muss nocht Kaka!“ Na toll.
7:52 – Mit heruntergefahrenen Seitenscheibe und rausgestrecktem Kopf peile ich den Schulweg an. Durch die Windschutzscheibe könnte ich theoretisch auch schauen, aber die ist weiss. Beschlagen, wahrscheinlich weil es seit 1853 regnet.
7:59 – Sohn, gib‘ dem Papa einen Kuss, er hat Dich wieder auf den Punkt hingebracht!
8:01 – Stau
8:10 – Immer noch Stau, jetzt 30 cm weiter.
8:15 – Das ist gar kein Stau! Es ist die tägliche Kundgebung der Soccer-Mom-Organisation, die sich mit überdimensionalen SUVs und Vans dafür einsetzt, dass sie ihre nicht durch Arbeit gestörte Freizeit noch schöner gestalten kann!
8:20 – Beim Versuch, rückwärts in den Büroparkplatz zu fahren (vorwärts geht nicht, man kriegt die Kurve mit 160 nicht hin) werde ich von einem Linienbus und etwa 1598558358 Soccer-Moms lautstark angehupt. Auch egal.
8:22 – Juchuu! Ich darf endlich arbeiten! Google erstmal nach Massenvernichtungswaffen…
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